Erfolgsfaktor Infrastruktur

Manche behaupten, das Herz eines Staates sei seine Infrastruktur. Auf jeden Fall ist sie eine wesentliche Basis für ein gedeihliches Zusammenleben und -arbeiten aller Menschen in einer staatlichen Gesellschaft. Um den vielfältigen Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft gerecht zu werden, braucht die Infrastruktur aber stetige Veränderung und neue Ideen.

Die Fähigkeit des Menschen, sein Lebensumfeld in einer Gemeinschaft so zu gestalten, dass sein Zusammenleben, sein Austausch von Gütern und Informationen und nicht zuletzt seine sozialen Brücken zum Wohle aller funktionieren, ist vielleicht der entscheidende Erfolgsfaktor, der den Homo sapiens zu dem gemacht hat, was er heute ist. Schon in Urzeiten hat er gelernt, Behausungen und Brücken zu bauen, Werkzeuge zu erfinden und zu nutzen, Wissen zu überliefern, über künstlich angelegte Wege und Straßen immer weitere Entfernungen mit immer weniger Aufwand und Zeitverlust zu bewältigen – dem konsequenten und klugen Aufbau dieser Basisinfrastrukturen verdanken wir unsere heutigen modernen und hochzivilisierten Gesellschaften.

Das Herz eines Staates

Reden wir heute von einer guten und funktionierenden Infrastruktur eines Staates, einer Region oder auch eines Wirtschaftsraumes, dann denken wir an viele Errungenschaften des modernen Lebens: an eine stabile Energieversorgung, an öffentliche und private Mobilitätsangebote und Beförderungssysteme, an die Verfügbarkeit von Kommunikation via Mobilfunk und Internet, an fortschrittliche Bildungseinrichtungen, an soziale Leistungen, die den notwendigen Ausgleich in der Gesellschaft ermöglichen und für vergleichbare Lebensbedingungen für alle sorgen, an IT-Infrastrukturen, an unser Gesundheitssystem, an unsere staatlichen Sicherheitseinrichtungen, an Natur- und Freizeiteinrichtungen und vieles mehr. Je besser das alles eingerichtet und für das Gemeinwohl nutzbar ist, desto besser sind im Allgemeinen auch die generellen Lebens- und Arbeitsbedingungen.

Ein wesentlicher Motor einer Volkswirtschaft ist die gemeinsame Wirtschaftsleistung. Speziell die dahinterstehenden Unternehmungen sind maßgeblich auf stabil funktionierende infrastrukturelle Einrichtungen angewiesen. Um wirtschaftlich erfolgreich und konkurrenzfähig bleiben zu können, müssen sie auf viele infrastrukturelle Angebote zurückgreifen: auf günstig gelegene Verkehrs- und Transportwege, moderne IT- und Kommunikationslösungen, funktionierende behördliche Infrastrukturen, ein prosperierendes universitäres Forschungs- und Entwicklungsumfeld etc. – und nicht zuletzt auch auf die Verfügbarkeit von gut ausgebildeten Mitarbeiter:innen.

Infrastruktur @ Österreich

Österreich zählt hinsichtlich seiner Gesamtinfrastruktur zu den bestentwickelten Ländern der Erde. Laut einer aktuellen Einschätzung des IMD – International Institute for Management Development liegt es dahingehend auf Rang 14 unter 67 untersuchten Staaten weltweit. Als große materielle Stärken Österreichs werden die Qualität des Straßennetzes, die Stromversorgung und die Schieneninfrastruktur wahrgenommen. Auch in den Bereichen Forschung und Innovation sowie hinsichtlich Bildung und Wissenschaft zählt die Alpenrepublik zu den überdurchschnittlich starken Standorten in Europa. Zudem konnte über die letzten Jahre die Innovationskompetenz kontinuierlich verbessert werden. Nicht zuletzt ist da noch die sehr hohe Lebensqualität mit einer ausgezeichneten Gesundheitsversorgung auf der Habenseite anzuführen. Ein nicht unwesentlicher Faktor, der in Zeiten des zunehmenden Arbeitskräftemangels in vielen Regionen neue Potenziale für Arbeitnehmer:innen schaffen könnte.

Doch ins Licht mischt sich auch Schatten: Bürokratische Hürden und regulatorische Auflagen werden noch immer als großes unternehmerisches Risiko und Investitionshemmnis in Österreich wahrgenommen. Dazu gäbe es laut IMD in Österreich auch hinsichtlich technologischer und IKT-Infrastruktur (u. a. Netzwerksysteme, USV- und Rechenzentrumsinfrastruktur) Verbesserungspotenzial.

Mit der Globalisierung der Wirtschaft ist auch der Faktor „Infrastruktur“ dynamischer und wettbewerbsentscheidender geworden. Um auf die stetig notwendigen Veränderungen und Anpassungen flexibler und schneller reagieren zu können, bedarf es rascher Maßnahmen – auch vonseiten der Politik. Bundeskanzler Karl Nehammer sieht in der besseren Vernetzung der drei Säulen Verkehr, Energie und Telekommunikation eine der zentralen Aufgaben. Nehammer: „Ein ganzheitlicher Planungsansatz ist entscheidend, um Synergien besser nutzen und Ressourcen effizienter einsetzen zu können – und zudem die Resilienz gegenüber verschiedenen Herausforderungen zu stärken.“ Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur sind für ihn eng mit der industriellen und wirtschaftlichen Entwicklung Österreichs verknüpft. „Ohne Verkehr gibt es keine Wirtschaft. Dementsprechend verfolgen wir eine klare, zukunftsorientierte Vision und sind entschlossen, die durch das Gesetz beschlossenen Projekte zügig umzusetzen.“

Wirtschaftsraum Südösterreich – Area Süd

Mit dem Bau des Koralmtunnels und der Koralmbahn haben die Steiermark und Kärnten eines der größten Infrastrukturprojekte der letzten Jahrzehnte buchstäblich auf die Schiene gebracht: den Wirtschaftsraum Südösterreich – die AREA SÜD. Entlang der gesamten Bahnstrecke – vom Großraum Graz über die Südweststeiermark und über Unterkärnten/Lavantal bis zum Großraum Klagenfurt-Villach – wird Österreichs zweitgrößter Ballungsraum mit rund 1,1 Mio. Einwohnern entstehen. Eine spannende Vision: Sollen dabei doch, wie die Agenda Wirtschaftsraum Südösterreich der Wirtschaftskammern Steiermark und Kärnten verrät, zwei Bundesländer wirtschaftlich miteinander verschmolzen werden, die grundsätzlich als „komplementäre industriell-gewerblich geprägte Regionen“ gelten.

Die Steiermark ist eine hochentwickelte, forschungsintensive und industriell geprägte Region. Mit ihren Stärken im Fahrzeugbau, in der Metallindustrie, dem Maschinenbau, in der Mikroelektronik und den wissensintensiven, industrienahen Dienstleistungen ist sie ein formidabler Player im Konzert der starken europäischen Wirtschaftsregionen. Lorbeeren, auf denen man sich aber gewiss nicht ausruhen kann. Folglich setzt auch die steirische Wirtschaftslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl große Hoffnungen in den mit der Koralmbahn entstehenden südösterreichischen Wirtschaftsraum: „Viele Wirtschaftszweige, beispielsweise der Automobilsektor, befinden sich gerade im Umbruch und sind mit großen Herausforderungen konfrontiert. Mit der Koralmbahn entsteht nun ein gemeinsamer großer Wirtschaftsraum, der es uns ermöglicht, unsere Stärkefelder wie Mikroelektronik, Green Technologies, erneuerbare Energien und Kreislaufwirtschaft über Bundesländergrenzen hinweg noch besser weiterzuentwickeln.“

Kärnten, das klassische Urlaubsbundesland Österreichs, hat in den letzten Jahren einen spürbaren Wandel durchgemacht und sich auch als Wirtschaftsstandort dynamisch weiterentwickelt. Das Bundesland präsentiert sich heute als forschungs- und technologieorientierte Region, in der sich zum Beispiel in der Mikroelektronik sowie in der Informations- und Kommunikationstechnologie führende Technologiezentren etabliert haben. Der Kärntner Wirtschaftslandesrat Sebastian Schuschnig ortet vor allem im Ausbau moderner Verkehrsinfrastruktur den entscheidenden Erfolgsfaktor für die wirtschaftliche Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit des gemeinsamen Standorts in Südösterreich. Schuschnig: „Die Koralmbahn ist mehr als eine Bahnstrecke, sie ist eine Wertschöpfungsachse der Zukunft, die die beiden Bundesländer Kärnten und Steiermark noch weiter zusammenwachsen lässt. Umso wichtiger ist es, die Infrastruktur weiter auszubauen, damit die Strecke für die heimische Wirtschaft auch nutzbar ist. Vor allem gilt es, durch landesweit ausgewogene Investitionen sicherstellen, dass ganz Kärnten gleichermaßen von der neuen Koralmbahn profitiert, nicht nur jene Gemeinden, die direkt an der Bahnstrecke liegen.“

Es gibt noch viel zu tun

Die Initiatoren und Triebfedern des Wirtschaftsraums Südösterreich – AREA SÜD –, die WKO Kärnten und die WKO Steiermark, sehen gerade in den komplementären Wirtschaftsstrukturen der beiden Bundesländer in Verbindung mit den kurzen Wegen viele Chancen und Potenziale. In einem Blog auf www.standort-wirtschaft.at warnen die drei Standort- und Volkswirtschaftsexperten Erich Kirschner, Thomas Krautzer und Ewald Verhounig aber auch vor überzogenen Erwartungen: „Die Entwicklungschancen dürfen aber nicht den Blick auf die Herausforderungen verhüllen, denen sich auch ein gemeinsamer Wirtschaftsraum Südösterreich in den kommenden Jahren und Jahrzehnten wird stellen müssen, vor allem wenn es um Positionierung der Region im internationalen Standortwettbewerb geht. Diese lassen sich nur auf Basis einer bundeslandübergreifenden Maßnahmenagenda meistern.“

Mit seiner geografischen Größe, seinen 1,1 Millionen Einwohnern, seinen nahezu 500.000 Beschäftigten und den rund 32.000 Arbeitgeberbetrieben wird der Wirtschaftsraum Südösterreich – AREA SÜD – eine bestimmende Größe im heimischen Wirtschaftsleben sein. Bundeskanzler Karl Nehammer: „Die Bedeutung der AREA SÜD für die österreichische Gesamtwirtschaft liegt in ihrer Rolle als Bindeglied zwischen wichtigen Wirtschaftszentren und als Tor zur Alpen-Adria-Region. Die verstärkte Integration in die europäischen Wirtschaftsräume bietet ihr die Möglichkeit, eine bedeutende Position innerhalb der EU einzunehmen, insbesondere durch ihre strategische Lage und verbesserte Erreichbarkeit.“

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