Immer mehr Rechtsstreitigkeiten werden außergerichtlich durch anwaltliche Vereinbarungen gelöst. Dabei erarbeiten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte gemeinsam mit ihren Mandanten eine Lösung, um den Gang vor Gericht zu vermeiden. Die Vorteile liegen auf der Hand: Schnelle Erledigung, geringere Kosten und rasche Sicherheit darüber, wie es weitergeht. Doch wie steht es um die Durchsetzbarkeit solcher Vereinbarungen? Dr. Michael Kropiunig, Vizepräsident der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer, gibt Einblicke in die Motive hinter diesem „sanften“ Weg zum Recht. Erfahren Sie mehr über anwaltliche Vereinbarungen und ihre Wirksamkeit in diesem Artikel.
Herr Dr. Kropiunig, nicht vor Gericht zu gehen – ist das ein neuer Trend?
Kropiunig: Bei einvernehmlichen Scheidungen ist dieses Verfahren ja schon seit Langem üblich: Anwälte erarbeiten Scheidungsvereinbarungen, die dann vom Gericht nur mehr protokolliert werden. Immer öfter wird nun auch in anderen Zivilrechtsfällen versucht, außergerichtliche anwaltliche Vereinbarungen herbeizuführen. Die Vorteile liegen auf der Hand: schnelle Erledigung, geringere Kosten, rasche Sicherheit darüber, wie es weitergeht. Der Preis für diese Vereinfachung: Jede der Parteien muss bereit sein, eine gewisse Elastizität zu zeigen und in bestimmten Punkten nachzugeben. Aber auch vor Gericht bekommt man nicht immer zu 100 Prozent Recht.
Wie ist es um die Durchsetzbarkeit solcher Vereinbarungen bestellt?
Kropiunig: Halten sich alle Parteien daran, bedarf es keiner weiteren Maßnahmen. Besteht die Gefahr, dass sich eine der Parteien nicht daran halten könnte, wird der Vergleich bei Gericht – zu halben Gerichtsgebühren – protokolliert. Dieser sogenannte prätorische Vergleich hat dann die Wirkung eines Exekutionstitels wie ein Urteil. Zur weiteren Vereinfachung – nicht zuletzt, um die Justiz zu entlasten – und zur Reduktion der Kosten schlägt die Rechtsanwaltskammer seit Jahren die Möglichkeit eines sogenannten „vollstreckbaren Anwaltsvergleichs“ vor. Ein von Anwälten gemeinsam erarbeiteter Vergleich würde dann auch ohne protokollarische Mitwirkung des Gerichts vollstreckbar sein. Bislang blieben diese Bemühungen aber leider ohne Erfolg.