Betriebsansiedelungen – Chancen und Herausforderungen für den Wirtschaftsstandort Area Süd

Die Metropolregion Area Süd entwickelt sich rasant zu einem zentralen Wirtschaftsstandort in Österreich. Im JUST Talk wurden die Potenziale und Herausforderungen beleuchtet, die sich aus der dynamischen Entwicklung der Region ergeben.

Diskutiert wurden Maßnahmen zur Unterstützung der Ansiedelung von Unternehmen sowie die Frage, wie der Standort langfristig gesichert und ausgebaut werden kann.

ALEXANDER PANSI / Die Metropolregion Area Süd zeichnet sich durch ihre strategische Lage, wachsende Infrastruktur und attraktive Rahmenbedingungen für Unternehmen aus. Herr Herk, welche Branchen finden einen guten Nährboden in der Region und wären eine perfekte Ergänzung für die bestehende Unternehmenslandschaft?

JOSEF HERK / Die Area Süd bietet insbesondere im Maschinenbau und im Elektronikbereich ausgezeichnete Möglichkeiten. Der „Silicon Alps“-Cluster macht die Region zu einem bedeutenden Zentrum für Mikroelektronik. Diese Spezialisierung schafft enorme Wachstumschancen, die wir nutzen können, um Produktionskapazitäten in Europa auszubauen. Gleichzeitig gewinnt die Logistikbranche an Bedeutung. Der digitale Wandel, der durch den E-Commerce forciert wird, stellt neue Anforderungen an die Infrastruktur, und hier liegt eine große Chance für die Area Süd, sich als logistisches Drehkreuz zu etablieren. Die Vernetzung von Technologie und Infrastruktur ist entscheidend, um diese Potenziale auszuschöpfen.

AP / Herr Kropiunig, welche rechtlichen Herausforderungen müssen Unternehmen bei der Ansiedelung in der Region beachten?

MICHAEL KROPIUNIG / Ein zentrales Problem ist die Verfahrensdauer. Obwohl die Nachbarrechte in der Gesetzgebung eingeschränkt sind, führen Einsprüche zu einer erheblichen Verzögerung der Verfahren. In vielen Fällen kann es Monate oder sogar Jahre dauern, bis eine endgültige Entscheidung vorliegt. Dies schreckt Investoren ab oder zwingt sie, finanzielle Zugeständnisse zu machen, nur um einen Behördenlauf zu verhindern. Es ist daher notwendig, Reformen einzuleiten, die die Verfahren beschleunigen. Ein Ansatz könnte sein, den Behörden mehr Entscheidungsspielraum zu geben, um weniger relevante Einwände frühzeitig auszuräumen.

AP / Herr Spener, wie könnte man die Effizienz in den Verfahren steigern, um diese Herausforderungen zu minimieren?

GUSTAV SPENER / Ein Ansatz wäre, dass Sachverständige und Verhandlungsleiter in den Verfahren bestimmte oder zu erwartende Einwendungen von vornherein mutiger als sachlich unbegründet zurückweisen. Aufgrund der immer komplexer werdenden Gesetzesmaterie müssen mehr Personalressourcen bereitgestellt werden, um die steigende Anzahl an Anträgen zügig bearbeiten zu können. Zudem müssen sowohl Projektwerber als auch Planende dafür Sorge tragen, dass entsprechende Unterlagen in der erforderlichen Qualität eingereicht werden. Hier braucht es digitale Lösungen, um Prozesse zu standardisieren und zu beschleunigen.

JH / Digitale Lösungen sind definitiv der Schlüssel. Wir prüfen ein innovatives Konzept aus Oberösterreich, das eine elektronische Plattform für die Einreichung von Bauanträgen vorsieht, um die Kommunikation zwischen Unternehmen und Behörden zu verbessern. Diese Technologie würde Prozesse standardisieren und die Verfahrensdauer erheblich verkürzen. Die Mittel dafür sind vorhanden – es geht jetzt darum, diese Ideen umzusetzen und politisch zu unterstützen.

AP / Neben rechtlichen gibt es auch technische Herausforderungen. Was sind typische Probleme, auf die Unternehmen stoßen?

MK / In Wohngebieten ist Lärm ein klassisches Einwendungsthema, an dem viele Unternehmen scheitern. Zum einen setzt die Politik auf die Umstellung auf Green Energy, zum anderen überschreiten diese Technologien bestehende Grenzwerte für den zulässigen Schall. Hier sind das Baugesetz und die Gewerbeordnung zum Teil nicht mehr zeitgemäß und müssen an moderne Gegebenheiten angepasst werden, um eine Balance zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und Umweltschutz zu finden und die Genehmigung solcher Projekte zu ermöglichen, ohne die Anwohner zu beeinträchtigen.

GS / Ein weiteres zentrales und widersprüchliches Thema ist der Umgang mit Bodenversiegelung. Einerseits will man neue Flächen für die wirtschaftliche Entwicklung erschließen, andererseits ist die Minimierung des Bodenverbrauchs ein wichtiges ökologisches Ziel. Sollen die Klimaziele erreicht werden, muss man auch hier die Gesetzgebung und die Rahmenbedingungen entsprechend anpassen, um Flexibilität zuzulassen und gleichzeitig die Nachhaltigkeitsziele zu berücksichtigen.

MK / Ein weiterer Aspekt, der oft übersehen wird, ist die Rechtssicherheit. Unternehmen müssen sich auf Verträge und Vereinbarungen verlassen können, die sie mit Gemeinden und politischen Entscheidungsträgern abschließen. Wenn politische Veränderungen bestehende Verträge infrage stellen, führt das zu Unsicherheit. Es muss klar sein, dass Vereinbarungen über lange Zeiträume hinweg Bestand haben müssen, um Investoren das Vertrauen zu geben, dass ihre Projekte geschützt sind.

GS / Genau, Rechtsicherheit und langfristige Planungssicherheit sind entscheidend. Investoren denken nicht in kurzfristigen Zyklen – sie planen für 10, 15 oder sogar 20 Jahre im Voraus. Ohne stabile Rahmenbedingungen wird es schwierig, solche Investitionen zu sichern. Neben gesetzlichen Anpassungen braucht es auch verlässliche Partnerschaften zwischen Staat bzw. der öffentlichen Hand und Unternehmen. Nur so können wir sicherstellen, dass Großprojekte realisiert werden und der Standort Area Süd nachhaltig wachsen kann.

AP / Personalressourcen sind ein weiterer wesentlicher Schlüsselfaktor für Betriebsansiedelungen. Welches Potenzial bietet die Area Süd in dieser Hinsicht?

MK / In der Steiermark leben von den 1,2 Millionen Menschen 480.000 im Großraum Graz, aber 720.000 auch anderswo. Als Unternehmen in dieser Region kann man den Bedarf an Arbeitskräften nicht nur aus dem Großraum Graz speisen, sondern benötigt auch Dienstnehmer aus Kärnten, Slowenien und vermutlich aus dem Burgenland. Hier ist es dringend erforderlich, die Mobilität der Dienstnehmer zu erhöhen. Die Zu- und Anreise zum Arbeitsplatz muss attraktiver gestaltet werden und die Politik ist gefordert, nicht nur Politik für Großstädte zu machen, da man genau diese Betriebe aufgrund von Flächenwidmung oder Lärm in der Großstadt nicht ansiedeln kann.

AP / Herr Herk, wie kann die Mobilität der Dienstnehmer in der Region verbessert werden?

JH / Die Region ist groß und es ist wichtig, die Mobilität der Arbeitskräfte zu gewährleisten, besonders in den ländlichen Gebieten außerhalb des Großraums Graz. Die Koralmbahn ist ein wichtiger Schritt, um die Anbindung zu verbessern, aber wir müssen auch die Straßeninfrastruktur weiter ausbauen. Besonders wichtig ist es, flexible Mobilitätskonzepte zu entwickeln, die sowohl den Individualverkehr als auch öffentliche Verkehrsmittel integrieren. Es geht darum, Arbeitnehmern eine schnelle und verlässliche Anbindung an ihren Arbeitsplatz zu bieten, um die Region als Arbeitsstandort attraktiv zu machen.

AP / Was kann die Region tun, um das Potenzial dieser Infrastrukturprojekte voll auszuschöpfen?

JH / Die Koralmbahn, die bald in Betrieb geht, ist ein wesentlicher Baustein. Aber wir müssen sicherstellen, dass die Flächen entlang dieser neuen Verkehrswege sinnvoll genutzt werden. Es braucht eine gezielte Flächenwidmung, um Unternehmen anzusiedeln und Synergien mit Bildungs- und Forschungseinrichtungen zu schaffen. Die Infrastruktur muss so vernetzt werden, dass sie das Wachstum der Region unterstützt und Investitionen anzieht.

GS / Es bedarf bei der Raum- und Stadtplanung einer übergreifenden Betrachtungsweise. Wir müssen über Verwaltungsgrenzen hinaus kooperieren und eine Planung etablieren, die die Region Area Süd als Ganzes betrachtet. Dies ist eine Herausforderung, die eine enge Zusammenarbeit zwischen Kommunen, Verwaltung und Wirtschaft erfordert. Nur so kann sich ein stabiles und wirtschaftlich attraktives Umfeld entwickeln.

MK / Neue Unternehmen schaffen nicht nur Arbeitsplätze, sie fördern auch Innovation und wirtschaftliche Dynamik. Daher ist es entscheidend, dass die Verwaltung flexibler wird und aktiv mit Unternehmen zusammenarbeitet. Veraltete Strukturen müssen modernisiert werden und es braucht eine enge Abstimmung zwischen Politik und Verwaltung, um internationale Investoren anzuziehen und langfristige Projekte zu sichern.

AP / Welche weiteren Maßnahmen sind notwendig, um die Area Süd als attraktiven Standort für Unternehmen zu etablieren?

JH / Neben Infrastrukturprojekten ist ein umfassendes Bildungs- und Arbeitsmarktpaket entscheidend. Wir brauchen gezielte Programme, die die Berufsausbildung und Weiterbildung stärken und Arbeitskräfte gezielt qualifizieren. Auch die internationale Rekrutierung muss vereinfacht werden, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Synergien zwischen Bundesländern sollten genutzt werden, um Mobilität und Qualifizierung der Arbeitskräfte zu fördern.

GS / Raumplanung muss flexibel und anpassungsfähig gestaltet werden. Unternehmen brauchen Raum für Expansion und dieser muss langfristig verfügbar sein. Es geht darum, wirtschaftliche Interessen zu fördern und gleichzeitig nachhaltig mit Ressourcen umzugehen. Die Verfügbarkeit von Flächen muss gewährleistet sein, ohne durch übermäßige Bürokratie blockiert zu werden.

MK / Es ist entscheidend, wirtschaftliche und rechtliche Rahmenbedingungen in Einklang zu bringen. Nur durch die Zusammenarbeit aller Akteure – Politik, Verwaltung und Unternehmen – können wir die Region als dynamischen und attraktiven Standort festigen und langfristig sichern.

AP / Zusammengefasst bedarf es demnach zur Förderung von Unternehmensansiedelungen in der Area Süd eines ausbalancierten rechtlichen Umfeldes, der Modernisierung der Gesetzgebung und der Beschleunigung der Genehmigungsverfahren unter Implementierung digitaler Lösungen. Zudem braucht es eine regionale und übergreifende Zusammenarbeit in der Raumplanung, strategische Flächenwidmung, die Gewährleistung von Planungs- und Rechtssicherheit für Investoren, arbeitsmarktpolitische Maßnahmen und die Nutzung und den Ausbau von Infrastruktur, um die Attraktivierung und Weiterentwicklung des Standortes voranzutreiben.

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