In einem Bauträgervertrag unterscheidet sich der Erwerb einer Immobilie von einem „normalen“ Kaufvertrag. Beim Kauf eines in Planung bzw. Bau befindlichen Objekts besteht die Möglichkeit der Einflussnahme auf die Planung und Berücksichtigung von Änderungswünschen. Aber auch ein Vorfinanzierungsrisiko sowie eine Wartezeit bis zur Bezugsfertigkeit muss in Kauf genommen werden. Der Erwerber übernimmt beim Bauträgerobjekt mit seinen Zahlungen eine (anteilige) Vorfinanzierung des Baus und damit die Funktion einer „Bank“. Das gesetzliche Sicherungssystem im Bauträgervertragsgesetz und im Bauträgervertrag dient dem Schutz des Erwerbers. In der Vertragsgestaltung gibt es Besonderheiten! Beispielsweise die Pflicht zur Bestellung eines Treuhänders und die Zahlung des Kaufpreises auf das Konto des Treuhänders in Raten.
Diese dürfen erst nach Erreichen des jeweiligen Fertigstellungsgrades an den Bauträger ausbezahlt werden. Der Treuhänder haftet dafür, dass die Auszahlung erst nach Bestätigung des Vorliegens des Baufortschrittes erfolgt. Der Erwerber ist an den vom Bauträger bestellten Treuhänder gebunden. Er wird durch Anmerkungen im Grundbuch und Pfandrechte während der Bauphase abgesichert. Wenn der Bauträger während des Baus in Konkurs geht, sind die Ansprüche der Erwerber durch eine Bankgarantie oder eine Insolvenzschutzversicherung geschützt. Rechtsanwaltskammer-Steiermark-Vizepräsident Michael Kropiunig über den gar nicht so kleinen Unterschied beim Erwerb einer Immobilie.
Herr Kropiunig, wo liegt der praktisch-haptische Unterschied zwischen einem „normalen“ Kaufvertrag und einem Bauträgervertrag?
Michael Kropiunig: Der „normale“ Kaufvertrag dient dem Kauf eines fertigen Objekts. Es besteht vorab die Möglichkeit der „physischen“ Besichtigung des Objekts. Es kann jedoch kein Einfluss mehr auf die Gestaltung genommen werden. Der Bauträgervertrag hingegen kommt beim Kauf eines in Planung bzw. Bau befindlichen Objekts zur Anwendung. Es besteht die Möglichkeit der Einflussnahme auf die Planung und Berücksichtigung von Änderungswünschen. Dem Käufer erwächst ein Vorfinanzierungsrisiko und er nimmt eine Wartezeit bis zur Bezugsfertigkeit in Kauf.
Und der rechtliche Unterschied?
Kropiunig: Der ist weitaus differenzierter! Der Erwerber übernimmt beim Bauträgerobjekt mit seinen Zahlungen sozusagen die Funktion einer „Bank“ im Sinne einer (anteiligen) Vorfinanzierung des Baus. Daher setzt hier ein umfangreiches und striktes gesetzliches Sicherungssystem zum Schutz des Erwerbers ein. Festgeschrieben ist es im Bauträgervertragsgesetz (BTVG) und im Bauträgervertrag.
Wo liegen die Unterschiede in der Vertragsgestaltung bzw. die Besonderheiten des BTVG?
Kropiunig: Beim Bauträgergeschäft ist ein Treuhänder, also Rechtsanwalt bzw. Notar, als Vertragsverfasser gemäß BTVG zwingend vorgesehen. Die Zahlung des Kaufpreises erfolgt auf das Konto des Treuhänders in Raten, deren Höhe abhängig vom Grad der Fertigstellung gesetzlich festgelegt ist. Die Raten dürfen erst nach Erreichen des jeweiligen Fertigstellungsgrades an den Bauträger ausbezahlt werden. Der Treuhänder haftet den Käufern dafür, dass die Auszahlung erst nach Bestätigung des Vorliegens des Baufortschrittes erfolgt. Dafür bedient er sich eines Bausachverständigen, der ihm den Fertigstellungsgrad, nicht jedoch die Mängelfreiheit bestätigt.
Mängel und deren Behebung werden erst bei Übergabe geprüft. Für den Fall, dass Mängel nicht behoben werden, behält der Treuhänder einen Restkaufpreis (Haftrücklass) zur Deckung der Behebungskosten ein. Aufgrund der Treuhänderfunktion des Vertragsverfassers kann sich der Erwerber – im Gegensatz zum „normalen“ Immobilienkauf – den Vertragsverfasser nicht aussuchen, sondern ist an den vom Bauträger bestellten Treuhänder gebunden. Dies ist auch sinnvoll, damit die Abwicklung und Kontrolle des Bauträgergeschäftes in einer Hand bleiben.
Wie werden Erwerber abgesichert?
Kropiunig: Bei Bauträgerobjekten wird meist erst während oder nach der Fertigstellung Wohnungseigentum begründet und der Erwerber üblicherweise erst nach Vorliegen des Wohnungseigentumsvertrages als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen. Die Eintragung im Grundbuch ist der absolute Schutz des Eigentums gegenüber Dritten. Nachdem in der Planungs- und Bauphase Wohnungsgrundrisse aber noch veränderlich sein können, vergeht zwischen Kauf bzw. Wohnungseigentumsbegründung und Eintragung des Käufers ins Grundbuch oft einige Zeit, da der Wohnungseigentumsvertrag erst nach Vorliegen aller das Wohnungseigentum begründenden Voraussetzungen errichtet werden kann.
Die Sicherung des Anspruchs des Erwerbers auf Eintragung im Grundbuch erfolgt in dieser Zeit in der Form, dass im Grundbuch Anmerkungen zu seinen Gunsten vorgenommen werden, die ihm später die Eintragung seines Eigentumsrechtes garantieren. Der Bauträger kann in dieser Phase die Liegenschaft ohne Zustimmung des Treuhänders auch nicht veräußern oder belasten, womit eine maximale Absicherung des Erwerbers gewährleistet ist. Auch können bereits während der Bauphase Pfandrechte zugunsten der allenfalls den Kauf finanzierenden Banken im Grundbuch der Bauträgerliegenschaft eingetragen und später der Wohnung des Erwerbers zugeordnet werden.
Was geschieht, wenn der Bauträger während des Baus in Konkurs geht?
Kropiunig: Wird über das Vermögen des Bauträgers während der Bauphase Konkurs eröffnet, ist dies unangenehm. Denn damit können Verzögerungen der Fertigstellung und Mehrkosten nicht ausgeschlossen werden. Jedenfalls stehen aber jene Zahlungen, welche – abhängig von Fertigstellungsgrad – noch am Konto des Treuhänders liegen, den Erwerbern dazu zur Verfügung. So kann mit einem anderen Unternehmer „fertiggebaut“ werden. Es kann auch sein, dass der Insolvenzverwalter des Bauträgers sich verpflichtet, mit diesem Geld fertigzubauen.
Der Treuhänder muss zudem zum Beginn des Projektes mit der Bank des Bauträgers, welche den Bau finanziert und ein Pfandrecht auf der Projektliegenschaft hat, für diesen Fall vereinbaren, dass das Pfandrecht jedenfalls gelöscht werden muss. Auch wenn der Kredit vom Bauträger (infolge Konkurs) nicht zur Gänze abgedeckt werden konnte. Trotz dieser Sicherheitsmechanismen können Nachteile für die Erwerber in diesem seltenen Einzelfall aber nicht ausgeschlossen werden. Rechtsanwälte, die im Bauträgergeschäft tätig sind, sind daher erste Ansprechpartner, wenn es um Fragen rund um den Kauf eines Bauträgerobjektes geht.