Lie­gen­schafts­kauf versus Bau­trä­ger­ver­trag

Die Unterschiede zwischen einem „normalen“ Liegenschaftskauf und einem Bauträgervertrag im Detail. Experte Dr. Michael Kropiunig gibt Tipps und Tricks.
Dr. Michael Kropiunig, Vizepräsident der Steirischen Rechtsanwaltskammer, im Talk über Unternehmensübergabe.
Michael Kropiunig ist Rechtsanwalt und Vizepräsident der Rechtsanwaltskammer Steiermark. Fotocredit: René Strasser

In einem Bau­trä­ger­ver­trag unter­schei­det sich der Erwerb einer Immobilie von einem “normalen” Kauf­ver­trag. Beim Kauf eines in Planung bzw. Bau befind­li­chen Objekts besteht die Mög­lich­keit der Ein­fluss­nah­me auf die Planung und Berück­sich­ti­gung von Ände­rungs­wün­schen. Aber auch ein Vor­fi­nan­zie­rungs­ri­si­ko sowie eine Wartezeit bis zur Bezugs­fer­tig­keit muss in Kauf genommen werden. Der Erwerber übernimmt beim Bau­trä­ger­ob­jekt mit seinen Zahlungen eine (anteilige) Vor­fi­nan­zie­rung des Baus und damit die Funktion einer “Bank”. Das gesetz­li­che Siche­rungs­sys­tem im Bau­trä­ger­ver­trags­ge­setz und im Bau­trä­ger­ver­trag dient dem Schutz des Erwerbers. In der Ver­trags­ge­stal­tung gibt es Beson­der­hei­ten! Bei­spiels­wei­se die Pflicht zur Bestel­lung eines Treu­hän­ders und die Zahlung des Kauf­prei­ses auf das Konto des Treu­hän­ders in Raten.

Diese dürfen erst nach Erreichen des jewei­li­gen Fer­tig­stel­lungs­gra­des an den Bauträger aus­be­zahlt werden. Der Treu­hän­der haftet dafür, dass die Aus­zah­lung erst nach Bestä­ti­gung des Vor­lie­gens des Bau­fort­schrit­tes erfolgt. Der Erwerber ist an den vom Bauträger bestell­ten Treu­hän­der gebunden. Er wird durch Anmer­kun­gen im Grundbuch und Pfand­rech­te während der Bauphase abge­si­chert. Wenn der Bauträger während des Baus in Konkurs geht, sind die Ansprüche der Erwerber durch eine Bank­ga­ran­tie oder eine Insol­venz­schutz­ver­si­che­rung geschützt. Rechts­an­walts­kam­mer-Stei­er­mark-Vize­prä­si­dent Michael Kropiunig über den gar nicht so kleinen Unter­schied beim Erwerb einer Immobilie.

Herr Kropiunig, wo liegt der praktisch-haptische Unter­schied zwischen einem „normalen“ Kauf­ver­trag und einem Bau­trä­ger­ver­trag?

Michael Kropiunig: Der „normale“ Kauf­ver­trag dient dem Kauf eines fertigen Objekts. Es besteht vorab die Mög­lich­keit der „phy­si­schen“ Besich­ti­gung des Objekts. Es kann jedoch kein Einfluss mehr auf die Gestal­tung genommen werden. Der Bau­trä­ger­ver­trag hingegen kommt beim Kauf eines in Planung bzw. Bau befind­li­chen Objekts zur Anwendung. Es besteht die Mög­lich­keit der Ein­fluss­nah­me auf die Planung und Berück­sich­ti­gung von Ände­rungs­wün­schen. Dem Käufer erwächst ein Vor­fi­nan­zie­rungs­ri­si­ko und er nimmt eine Wartezeit bis zur Bezugs­fer­tig­keit in Kauf.

Und der recht­li­che Unter­schied?

Kropiunig: Der ist weitaus dif­fe­ren­zier­ter! Der Erwerber übernimmt beim Bau­trä­ger­ob­jekt mit seinen Zahlungen sozusagen die Funktion einer „Bank“ im Sinne einer (antei­li­gen) Vor­fi­nan­zie­rung des Baus. Daher setzt hier ein umfang­rei­ches und striktes gesetz­li­ches Siche­rungs­sys­tem zum Schutz des Erwerbers ein. Fest­ge­schrie­ben ist es im Bau­trä­ger­ver­trags­ge­setz (BTVG) und im Bau­trä­ger­ver­trag.

Wo liegen die Unter­schie­de in der Ver­trags­ge­stal­tung bzw. die Beson­der­hei­ten des BTVG?

Kropiunig: Beim Bau­trä­ger­ge­schäft ist ein Treu­hän­der, also Rechts­an­walt bzw. Notar, als Ver­trags­ver­fas­ser gemäß BTVG zwingend vor­ge­se­hen. Die Zahlung des Kauf­prei­ses erfolgt auf das Konto des Treu­hän­ders in Raten, deren Höhe abhängig vom Grad der Fer­tig­stel­lung gesetz­lich fest­ge­legt ist. Die Raten dürfen erst nach Erreichen des jewei­li­gen Fer­tig­stel­lungs­gra­des an den Bauträger aus­be­zahlt werden. Der Treu­hän­der haftet den Käufern dafür, dass die Aus­zah­lung erst nach Bestä­ti­gung des Vor­lie­gens des Bau­fort­schrit­tes erfolgt. Dafür bedient er sich eines Bau­sach­ver­stän­di­gen, der ihm den Fer­tig­stel­lungs­grad, nicht jedoch die Män­gel­frei­heit bestätigt.

Mängel und deren Behebung werden erst bei Übergabe geprüft. Für den Fall, dass Mängel nicht behoben werden, behält der Treu­hän­der einen Rest­kauf­preis (Haft­rück­lass) zur Deckung der Behe­bungs­kos­ten ein. Aufgrund der Treu­hän­der­funk­ti­on des Ver­trags­ver­fas­sers kann sich der Erwerber – im Gegensatz zum „normalen“ Immo­bi­li­en­kauf – den Ver­trags­ver­fas­ser nicht aussuchen, sondern ist an den vom Bauträger bestell­ten Treu­hän­der gebunden. Dies ist auch sinnvoll, damit die Abwick­lung und Kontrolle des Bau­trä­ger­ge­schäf­tes in einer Hand bleiben.

Wie werden Erwerber abge­si­chert?

Kropiunig: Bei Bau­trä­ger­ob­jek­ten wird meist erst während oder nach der Fer­tig­stel­lung Woh­nungs­ei­gen­tum begründet und der Erwerber übli­cher­wei­se erst nach Vorliegen des Woh­nungs­ei­gen­tums­ver­tra­ges als Eigen­tü­mer ins Grundbuch ein­ge­tra­gen. Die Ein­tra­gung im Grundbuch ist der absolute Schutz des Eigentums gegenüber Dritten. Nachdem in der Planungs- und Bauphase Woh­nungs­grund­ris­se aber noch ver­än­der­lich sein können, vergeht zwischen Kauf bzw. Woh­nungs­ei­gen­tums­be­grün­dung und Ein­tra­gung des Käufers ins Grundbuch oft einige Zeit, da der Woh­nungs­ei­gen­tums­ver­trag erst nach Vorliegen aller das Woh­nungs­ei­gen­tum begrün­den­den Vor­aus­set­zun­gen errichtet werden kann.

Die Sicherung des Anspruchs des Erwerbers auf Ein­tra­gung im Grundbuch erfolgt in dieser Zeit in der Form, dass im Grundbuch Anmer­kun­gen zu seinen Gunsten vor­ge­nom­men werden, die ihm später die Ein­tra­gung seines Eigen­tums­rech­tes garan­tie­ren. Der Bauträger kann in dieser Phase die Lie­gen­schaft ohne Zustim­mung des Treu­hän­ders auch nicht veräußern oder belasten, womit eine maximale Absi­che­rung des Erwerbers gewähr­leis­tet ist. Auch können bereits während der Bauphase Pfand­rech­te zugunsten der allen­falls den Kauf finan­zie­ren­den Banken im Grundbuch der Bau­trä­ger­lie­gen­schaft ein­ge­tra­gen und später der Wohnung des Erwerbers zuge­ord­net werden.

Was geschieht, wenn der Bauträger während des Baus in Konkurs geht?

Kropiunig: Wird über das Vermögen des Bau­trä­gers während der Bauphase Konkurs eröffnet, ist dies unan­ge­nehm. Denn damit können Ver­zö­ge­run­gen der Fer­tig­stel­lung und Mehr­kos­ten nicht aus­ge­schlos­sen werden. Jeden­falls stehen aber jene Zahlungen, welche – abhängig von Fer­tig­stel­lungs­grad – noch am Konto des Treu­hän­ders liegen, den Erwerbern dazu zur Verfügung. So kann mit einem anderen Unter­neh­mer „fer­tig­ge­baut“ werden. Es kann auch sein, dass der Insol­venz­ver­wal­ter des Bau­trä­gers sich ver­pflich­tet, mit diesem Geld fer­tig­zu­bau­en.

Der Treu­hän­der muss zudem zum Beginn des Projektes mit der Bank des Bau­trä­gers, welche den Bau finan­ziert und ein Pfand­recht auf der Pro­jekt­lie­gen­schaft hat, für diesen Fall ver­ein­ba­ren, dass das Pfand­recht jeden­falls gelöscht werden muss. Auch wenn der Kredit vom Bauträger (infolge Konkurs) nicht zur Gänze abgedeckt werden konnte. Trotz dieser Sicher­heits­me­cha­nis­men können Nachteile für die Erwerber in diesem seltenen Ein­zel­fall aber nicht aus­ge­schlos­sen werden. Rechts­an­wäl­te, die im Bau­trä­ger­ge­schäft  tätig sind, sind daher erste Ansprech­part­ner, wenn es um Fragen rund um den Kauf eines Bau­trä­ger­ob­jek­tes geht.

Weitere Beiträge