Vermögensberater Georg Zenker im Interview

Für Georg Zenker geht es in der Vermögensberatung derzeit um selektives Beobachten, um überhitzte Highflyer und darum, echte Wachstumskandidaten zu sortieren.
Vermögensberater Georg Zenker gibt Auskunft über die Herausforderungen und Chancen des Marktes. Fotocredit: Foto Fischer.
Vermögensberater Georg Zenker gibt Auskunft über die Herausforderungen und Chancen des Marktes. Fotocredit: Foto Fischer.

Die aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind angespannt und das sorgt auch in der Vermögensberatung für Verunsicherung. Laut Georg Zenker, einem Experten auf diesem Gebiet, ist ein segmentierter Blick auf die Wirtschaft gefragt, um Gewinner und Verlierer zu identifizieren. Unternehmen aus den Bereichen Logistik, Entertainment, Touristik, Cloud-Service und Cyber-Security haben gute Chancen auf Erfolg meint der Profi im Bereich Vermögensberatung. Dennoch ist Vorsicht geboten, da es auch zu Übertreibungen auf den Märkten kommen kann. Zenker warnt vor einem großen Crash und empfiehlt die Absicherung von Vermögen. Investoren müssen vorsichtiger und selektiver sein als nach der Finanzmarktkrise 2009. Zenker erläutert, dass es auch bei einem aussichtsreichen Investmenthafen wie Wasserstoff darauf ankommt. Für Start-ups und deren Investoren sei die Steiermark Europaspitze, wirbt er im Interview mit Klaus Höfler.

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind derzeit angespannt. Spüren Sie diese Verunsicherung auch in der Vermögensberatung?

Zenker: Ja, durch steigende Staatsschulden, massiv anwachsende Geldmengen am Markt und die Zinspolitik gibt es eine generelle Verunsicherung. Was jetzt gefragt ist, ist ein segmentierter Blick auf die Wirtschaft, weil es in jeder Situation Verlierer und Gewinner gibt.

Wer sind die Gewinner?

Aus realwirtschaftlicher Sicht Unternehmen, deren Bedeutung und Präsenz im Alltag zunimmt, beispielsweise aus den Bereichen Logistik, Entertainment, Touristik, aber auch das Cloud-Service- und Cyber-Security-Business erfindet sich gerade neu.

Klingt nach Goldgräberstimmung für Investitionen. Wo lauern die Gefahren?

Es wird so wie immer sein: Viele werden auch jetzt viel Geld verlieren, weil viel Übertreibung in den Märkten ist, beispielsweise bei Kryptowährungen wie Bitcoin oder auch bei der E-Mobilität wie bei Tesla. Sie sind Symbole für ineffiziente Zuteilungen in der Wirtschaft, weil das Geld dorthin fließt, wo keine Wertschöpfung entsteht beziehungsweise Geschäftsmodelle heillos überbewertet sind. Beides ist das Ergebnis von viel zu viel Geld im Markt. Für uns sind das Warnsignale …

… für?

… einen großen Crash. Aber ich möchte kein Weltuntergangsprophet sein. Es geht um die Absicherung von Vermögen, die im Vordergrund stehen muss. Es gibt schon noch gerechtfertigtes Wachstumspotenzial, aber man muss vorsichtiger und selektiver sein als beispielsweise nach der Finanzmarktkrise 2009, wo man in allen Sektoren investieren konnte, weil alles unterbewertet war.

Wasserstoff gilt als aussichtsreicher Investmenthafen. Zu Recht?

Das hängt davon ab, ob hinter dem Produkt echte Investitionen, eine Wertschöpfungskette und Kunden stehen – oder ob es nur vom politischen Willen getrieben ist oder nur eine gute Geschichte erzählt wird.

Worauf ist jetzt generell bei der Vermögensberatung bzw. der Vermögensanlage zu achten?

Man muss mit Schwankungen umgehen können. Die hat es immer gegeben. Für eine höhere Rendite braucht es eben mehr Risikotoleranz. Es wird am Markt jedenfalls ruppiger werden. Der Wohlstand jedoch wird in Summe wachsen – es wird nur eine Umverteilung geben. Die Schere wird noch weiter aufgehen. Das wir den Neid gegenüber jenen schüren, die rechtzeitig reagiert haben. Ich empfehle, dieses Neid-Setting abzulegen. Jeder ist seines Glückes Schmied.

Die Bereitschaft, an den Börsen zu investieren, ist in Österreich in der breiten Bevölkerung weiterhin eher unterentwickelt – es dominiert ein „Bausparer-Denken“. Bremsen sich die Österreicher damit selbst beim Wohlstandsaufbau?

Die „Bauspar-Denker“ werden von der Krise besonders hat betroffen sein. Wer über Jahrzehnte Angst hat, Geld zu verlieren, wird es jetzt realwirtschaftlich tatsächlich verlieren. Grund ist die Zinspolitik der Staaten, die versuchen, die durch Corona entstandenen Kosten durch Negativzinsen auf Staatsschulden „wegzuinflationieren“. Wer das als Privatinvestor ignoriert, wird in zehn bis fünfzehn Jahren sicher weniger Geld beziehungsweise Kaufkraft haben. Vor diesen Effekten, aber auch vor blinden Investments, wie sie einige Glücksritter aktuell aus Langeweile im Lockdown tätigen, müssen wir unsere Kunden schützen.

Sie selbst sind als Investor auch im Bereich Start-ups als Business Angel aktiv. Welche Kriterien müssen erfüllt sein, damit Sie investieren?

Es muss ein Unternehmen sein, das nicht nur über eine Idee verfügt, sondern bei dem die Marktfähigkeit belegt ist. Im Gründerteam sollten alle notwendigen Kompetenzfelder abgedeckt sein – wobei wir aber auch Unterstützung und Know-how durch Interimsmanager liefern. Als Investor muss man die Chancen früh erkennen, aber auch früh sagen, wenn etwas nicht passt.

Welche Rolle spielt der Zufall beziehungsweise Glück, um als Start-up oder Unternehmer generell erfolgreich zu sein? Kann man beides erzwingen?

Es klingt lapidar, aber es braucht eben die richtige Idee zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort – und dazu das richtige Team, zu dem auch Investoren gehören. Ich finde es aber auch entscheidend, dass man Start-ups im Rahmen von Förderungen durch die öffentliche Hand nicht zu sehr in Watte packt. Anschubfinanzierungen für besondere Innovationen machen schon Sinn, nur Gründer müssen auch kämpfen und sich am Markt beweisen. Kapital gibt es schließlich genug für überzeugende Geschäftsmodelle.

Wie steht es eigentlich um das steirische Start-up-Ökosystem?

Aus Investorensicht ist die Steiermark österreich- und europaweit ein Start-up-Paradies für Gründer und Investoren, weil es viel Unterstützung seitens des Landes und eine sehr gute Zusammenarbeit mit den Institutionen, Inkubatoren und Investoren beispielsweise aus der Industrie gibt. Und es gibt dank der Hochschulen einen großen Pool an Human Ressources.

Wo sehen Sie noch Potenzial?

Es braucht eine noch bessere Vernetzung zwischen den technischen und betriebswirtschaftlichen Zweigen an den Hochschulen, um am Studienausgang das große Potenzial an Gründungsideen besser zu nutzen. Es hilft nichts, eine geniale technische Idee zu haben, wenn das betriebswirtschaftliche Denken fehlt.

Die „Gründermark“ sehnt sich nach einem sogenannten „Unicorn“, einem Start-up, dass eine Bewertung über einer Milliarde Dollar schafft. Größenwahn?

Nein. Es wird in Kürze eines geben. Zumindest ein halbes (lacht).

Ist die Steiermark dafür nicht zu klein?

Es ist nicht die Frage, wie groß ein Raum ist, sondern wie es gelingen kann, dass ausreichend Geld schnell und effizient in richtige Beteiligungen fließt. So öffnet man den Markt für andere Business Angels. Diesbezüglich ist die Steiermark sehr professionell aufgestellt. Das darf man nicht unterschätzen..

Info:
Georg Zenker
betreut mit der unabhängigen Vermögensberatung von Bogen & Partner KlientInnen beim zielgerichteten Vermögensaufbau und -erhalt. Im Family-Office ist er zusätzlich als Investor tätig. Er ist dabei einer von nur zwei steirischen „Qualified Investors“ des Europäischen Investmentfonds (EIF). Was das heißt? Der EIF verdoppelt ohne weitere Prüfung jede Investition Zenkers. Ein ähnliches Modell hat Zenker auch mit der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Landes Steiermark (SFG) aufgesetzt. So können gerade startende Unternehmen bestenfalls in den Genuss einer vierfachen Förderung kommen. „Ein echter Wachstumsturbo“, sagt Zenker. Die Hebelwirkung für Start-ups und den Standort sein enorm.

Mehr Informationen:
https://www.bogen.co.at/

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