Wo geht’s da bitte Richtung Prävention?

Der Weg sei vorgezeichnet, heißt es: von der Reparatur zur Prävention, von der Symptombekämpfung zum ganzheitlichen Gesundheitsmodell. Gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung – Kraft und Ausdauer –, mentale Fitness, „vernünftiger“ Umgang mit Sucht- und Rauschmitteln, regelmäßige Vorsorge und, und, und.

Wenn nicht, dann seien wir sowieso zum Untergang verurteilt – als Gesellschaft, als Wohlstand, als wir; und als Gesundheits- und Pensionssystem. Tschüss, aus, fertig! So kann’s nämlich nicht weitergehen. Aber treten wir nicht nach wie vor beharrlich und verwegen, tagein, tagaus den Beweis dafür an, dass doch noch ein bisserl was geht? Eine bunte, hochkarätige Runde begab sich im Institut AllergoSan in Graz-Puntigam auf die Suche nach dem ganzheitlichen Gesundheitsgral.

Anita Frauwallner / Es ist seit 30 Jahren mein Credo, auf Prävention zu setzen – also die Gesundheit zu stärken, noch bevor Krankheiten entstehen. Ich bin überzeugt davon, dass immer mehr Menschen, wenn auch noch nicht die große Masse, das als ihren Weg erkennen. Für mich ist Prävention einfach selbstverständlich. Das war die Vision an der Wiege unseres Institut AllergoSan: mit dem, was die Natur bietet – den Bakterien – ein gesünderes Leben zu bewirken

Christina Mauracher / Ayurveda bedeutet ja Wissen vom langen, gesunden und vitalen Leben. Du brauchst einen gesunden Körper, um deine Vision, das, wofür du brennst, mit Leben zu erfüllen. Menschen werden im Schnitt immer älter, aber die Phase, in der sie tatsächlich gesund und vital sind – in Körper, Geist und Seele –, wird in Relation dazu kürzer. Da muss sich jeder selbst an der Nase nehmen und sagen: „Der Einzige, der dafür wirklich etwas tun kann, bin ich selbst.“

Ingo Hofmann / Versicherungstechnisch sprechen wir von persönlichem Risikomanagement. Persönlich heißt auch: Eigenverantwortung. Wir haben in den letzten Jahren sehr viel Verantwortung ausgelagert, so nach der Devise: Es wird sich schon jemand um uns kümmern. Das müssen wir ein Stück in Richtung Eigenverantwortung zurückgehen: Es beginnt bei Bewegung und gesunder Ernährung und reicht über die psychischen und mentalen Ressourcen bis zur klassischen Vorsorge. Es gibt eine Menge Möglichkeiten, die wir als Versicherung den Menschen näherzubringen versuchen. Immerhin nimmt bereits jeder dritte Kunde unser Vorsorgeprogramm in Anspruch.

Andreas Herz / Wir müssen weg von den Lippenbekenntnissen und hin zu wirksamen Maßnahmen. Wir haben eine sehr gute „Reparaturmedizin“. Allerdings hinken wir im europäischen Vergleich bei den gesunden Lebensjahren hinten nach. Auch bei der Beschäftigung hinken wir im Bereich der 55- bis 65-Jährigen anderen Ländern in Europa hinterher. Wir werden zudem in den nächsten 10 Jahren ungefähr 750.000 über 65-Jährige mehr haben als jetzt. Das wird Pensions- und Gesundheitssystem an den Rand ihrer Möglichkeiten bringen und ist angesichts des heute bereits dramatischen Arbeitskräftemangels auch standort- und wohlstandsgefährdend. Und da macht jeder Schritt Richtung Prävention Sinn. Natürlich gilt es auch die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen im Auge zu haben. Aber wir alle tragen Mitverantwortung für unsere Gesundheit und das muss man den Menschen stärker bewusst machen.

Frauwallner / Wir stellen die guten Beispiele zu wenig ins Rampenlicht. Und – jetzt bin ich provokant – wir sollten auch das Gegenteil in aller Deutlichkeit darstellen: nämlich welche Konsequenzen es hat, wenn man mit seiner Gesundheit Schindluder treibt. Möglicherweise kommt dann ein Punkt der Einsicht. Andererseits muss man auch den Verantwortlichen etwa in den Krankenversicherungen erst bewusst machen, welche großartigen natürlichen Möglichkeiten es bereits gibt. Es gibt mittlerweile z. B. mehrere Studien, die zeigen, dass man den HbA1c-Wert (Anm.: Langzeit-Blutzuckerwert) mit einem Probiotikum wie OMNi-BiOTiC® METAtox innerhalb von sechs Monaten um 65 Prozent reduziert, was Diabetes wirklich massiv verbessert. Nur: Die Krankenkasse ersetzt die Kosten für Nahrungsergänzungsmittel oder Probiotika derzeit nicht.

Herz / Ich glaube nicht, dass die Krankenkasse alles zahlen sollte. Das geht sich nämlich nicht aus.
Man muss Beispiele zeigen und aufklären. Und ich glaube auch, dass die allermeisten Menschen dazu bereit sind – weil sie nämlich erkennen, dass es zu ihrer eigenen Lebensqualität und zu ihrem eigenen Wohlbefinden beiträgt. Angesichts der demografischen Entwicklung ist Prävention aber natürlich auch ein unverzichtbarer Beitrag zur Sicherung unseres Gesundheits- und Pensionssystems und damit des Wohlstands. Der Weg dorthin führt über Aufklärung und individuelles Bewusstsein; und Anreize.

Mauracher / Es geht um Information und Aufklärung. Denn viele Menschen wissen es schlicht nicht – gerade in Bezug auf Ernährung. Dass man ist, was man isst: Für mich ist das logisch. Aber ich beschäftige mich ja auch damit. Und es geht auch um eine Grundhaltung. Jüngst sind mein Mann und ich mit den Kindern in einen Family-Park gefahren. Das war ehrlich gesagt schockierend. Gefühlt 80 Prozent der Kinder waren dick; richtig dick, adipös. Und die Eltern waren genauso dick. Das tut ja niemand, weil er der Gesellschaft zu Fleiß etwas antun möchte. Es fehlt an Aufklärung.

Hofmann / Wir sprechen hier vorwiegend von sogenannten Gesellschaftskrankheiten. Es fängt wirklich bei der Erziehung und der Schulbildung an. Wenn ich junge Menschen frage, ob sie auch etwas Gesundes trinken, und die Antwort lautet … Ich will hier keine Marken nennen.

Herz / Bei der Mülltrennung waren es die Kinder, die das Bewusstsein in die Familien hineingetragen haben. So müsste man es auch im Gesundheitsbereich angehen.

Frauwallner / Ganz ehrlich, ich glaube nicht, dass sich viele 14-jährige Schüler mit einem ganzheitlichen Gesundheitsverständnis befassen. Die meisten haben andere Interessen.

Hofmann / Wir haben die Aufgabe, die Thematik Kindern und Erwachsenen sehr schnell nahezubringen. Wir konzentrieren uns aber nach wie vor zu sehr auf die Symptombekämpfung und beschäftigen uns zu wenig mit den tieferliegenden Ursachen.

Frauwallner / In keinem einzigen medizinischen Fachbereich außer in den Ernährungswissenschaften beschäftigt man sich von Grund auf damit, wie man Menschen möglichst lange gesund erhalten kann. Ich befasse mich seit 30 Jahren mit dem Mikrobiom. Wir wissen, das ist eine der wenigen Möglichkeiten, direkt an die Ursache von Erkrankungen zu gelangen. In der medizinischen Ausbildung ist dieses Thema aber nach wie vor kaum existent.

Herz / Wir haben eine hervorragende Schulmedizin. Gott sei Dank. Doch der präventive Bereich ist umfassender zu betrachten. Ich glaube, dass wir da zu wenig tief hineingehen und zu wenig offen sind. Gesund zu sein ist doch viel mehr als nur körperlich zu funktionieren. Wir müssen noch stärker bewusst machen, dass die, die etwas für ihre Gesundheit tun, auf ihr eigenes „Lebenskonto“ einzahlen.

Mauracher / Zu uns kommen Menschen, die wissen, dass sie im Job – mindestens – 100 Prozent geben müssen. Die sagen von sich aus: „Ich muss dafür sorgen, dass ich gesund und leistungsfähig bleibe. Das ist meine Selbstverantwortung.“ Im Ayurveda gibt es die Morgenroutine. In dieser Morgenroutine geht es darum, dass ich mir selbst ein Biofeedback gebe, etwa durch die Zungenreinigung. Denn die Zunge ist ein Indikator für etwaige Störungen des Stoffwechsels.

Hofmann / Wenn jemand monatlich eine erhebliche Prämie für eine private Gesundheitsversicherung aufbringt, ist das Bewusstsein sicher vorhanden. Doch über längere Lebensspannen hinweg erleben viele Menschen dennoch Phasen, in denen sie aus welchen Gründen auch immer Raubbau an ihrer Gesundheit betreiben. Solche Gaps gilt es zu schließen, um Kontinuität zu erreichen. Ich glaube, dass wir an viel zu vielen Stellen das Thema viel zu verkopft angehen. Es müssen einfache Mittel sein, kleine Häppchen, die gut verdaulich sind und die man in den Routinen gut einpflegen kann.

Frauwallner / In meinen Schulungen versuche ich Menschen dazu zu bewegen, sich jeden Abend zwei Fragen zu stellen: Wie war heute meine Ernährung? Und: Wie viel Stress hatte ich? Fallen beide Antworten problematisch aus, sollte man tatsächlich etwas unternehmen. Um den natürlichen Reparaturmechanismus über Nacht besser nutzen zu können, habe ich mit unseren Ärzten ein spezifisches Probiotikum entwickelt.

Herz / Kein Mensch fährt mit dem Auto zur falschen Zapfsäule. Jeder weiß: Wenn ich statt Benzin Diesel tanke, komme ich nicht weit. Und dieses Bewusstsein brauchen wir auch bei uns selbst. Es bedarf eines Informationskonzepts auf allen Ebenen. Mit verschiedensten Zugängen. Denn es gibt nicht nur den einen richtigen Zugang. Gesund sind etwa – das haben wir bei Corona gesehen – auch soziale Kontakte.

Frauwallner / Es ist ein Problem, das schon in der medizinischen Grundausbildung anfängt: Nämlich dass neue Erkenntnisse viel zu wenig und zu spät berücksichtigt werden. Als ich begonnen habe, gab es 19 Studien zum Mikrobiom. 2022 waren es 50.000. Aber immer noch tun es gefühlt 50 Prozent aller Mediziner als irrelevant ab, nach der Devise: „Wer braucht schon probiotische Bakterien.“

Hofmann / Möglicherweise ist moderne Medizin ja auch industriell disponiert. Wir stehen heute bei einer durchschnittlichen Behandlungszeit von dreieinhalb Minuten pro Arztbesuch. Im Sinne eines ganzheitlicheren Zugangs sollte man dafür sorgen, dass sich Medizinerinnen und Mediziner mehr Zeit für ihre Patientinnen und Patienten nehmen können bzw. müssen.

Mauracher / Viele der Grundlagen des Ayurveda sind – nicht anders als beim Mikrobiom – längst untermauert. Deshalb habe ich die Schulmedizin bei unserem Konzept mit ins Boot geholt, auch um mehr Gehör zu finden.

Hofmann / Wir müssen ganzheitlich denken. Es gibt keinen Königsweg. Es gibt keine alles erhellende Einzellösung. Es ist nicht die Politik, es ist nicht die Gesundheitskassa, es ist nicht „die“ Medizin. Es ist eine gesellschaftliche Aufgabe. Wir alle tragen Verantwortung.

Herz / In bestimmten Bereichen ist das Thema ja schon lange präsent. Aber wir brauchen dieses Bewusstsein in der breiten Masse. Weil Staat und Wirtschaft sonst die kommenden Herausforderungen schlicht nicht bewältigen werden. Man hat den Menschen die Eigenverantwortung in vielen Bereichen aberzogen. Wir leben heute in einer Vollkaskogesellschaft. Wir brauchen einen Turnaround zur Mitverantwortung.

Hofmann / Die deutsche Automobilindustrie hat sich jahrelang geweigert, sich mit Elektromobilität zu befassen – bis ein verrückter Amerikaner auftauchte und mit seinen E-Autos die Lage komplett veränderte. Es bedarf externer Motivatoren. Oder eines großen Gamechangers. Ich glaube in unserem Bereich nicht an den großen Gamechanger. Es sei denn … Österreich verfügt wie auch Deutschland über eines der besten Gesundheitssysteme der Welt – das in sich aber todkrank ist. Wir laufen Gefahr, das, was wir gewohnt sind, nicht mehr aufrechterhalten zu können.

Herz / Ich sehe den Gamechanger schon – nämlich dass wir durch die demografische Entwicklung an Engstellen gelangen – und das werden wir in der Medizin relativ schnell bemerken. Bereits jetzt werden Stationen in Krankenanstalten gesperrt. Und der Gamechanger, davon bin ich überzeugt, ist die künstliche Intelligenz; auch im medizinischen Bereich. Mittlerweile entwickeln sich KI-basierte medizinische Tools rasant. Ich glaube, dass dem Einzelnen mit diesen Möglichkeiten wieder mehr Selbstkompetenz zufallen wird.

Hofmann / Wenn wir das Gesundheitssystem in Österreich Richtung Prävention verändern wollen, gehören drei Parteien an einen Tisch: Politik, also öffentliche Hand, Ärzte und Privatversicherungswirtschaft. Denn alle drei habe die Möglichkeit etwas zu verändern.

Herz / Sie haben nur einen wesentlichen Player vergessen: die gesetzlichen Krankenkassen, die unter Selbstverwaltung stehen.

Hofmann / O.k. Die müssen mit an den Tisch und gehören in meinem Verständnis in die Klammer der öffentlichen Hand. Derzeit haben wir ein Silodenken. Wenn wir dieses Silodenken nicht auflösen, dann werden wir Lösungen im Silo schaffen, aber keine Lösung im Sinne eines holistischen, ganzheitlichen Blicks.

Herz / Alle Stakeholder an einen Tisch, die Menschen mit einbeziehen. Ich glaube aber, dass es wichtig ist, auch einmal klarzustellen, dass Prävention nicht immer Geld kosten muss. Ich kann nicht überall noch einen Bonus extra auszahlen. Den Schlüssel zur Prävention hat letztlich jeder selbst in der Hand, er muss nur die Tür aufsperren.

Mauracher / Menschen zu informieren, ohne sie damit zu überfordern, ist unsere Aufgabe. Denn wenn es zu komplex wird, dann leidet darunter die Umsetzungsquote. Doch grundsätzlich sind die Menschen bereit, sich auf neue Erfahrungen einzulassen.

Frauwallner / Wir müssen Menschen ansprechen und motivieren. Wer motiviert ist und positiv denkt, schafft es auch, Dinge in seinem Körper in Ordnung zu bringen. Und wir müssen auch überzeugen und Vertrauen schaffen: 2012 ging ich mit OMNi-BiOTiC® nach Deutschland. Allein durch Schulungen für Ärzte, Apotheker und Diätologen wurden wir binnen 5 Jahren die Nummer 1, weil ihre Patienten begeistert waren und dankbar wiederkamen.

 

 

 

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