Spermidin bringt Zellen dazu, aufzuräumen. Das heißt: sich ihrer schadhaften Anteile, ihres „zellulären Mülls“ zu entledigen. Diese Entdeckung ist vor rund 15 Jahren Grazer Forschern rund um Francesco Madeo geglückt. Sie gab den Anstoß für weltweite Bemühungen, den Zusammenhang zwischen dem Anti-Aging-Effekt von Spermidin und dem Aufräumprozess, im Fachjargon Autophagie genannt, zu entschlüsseln.
Denn all das hat für eine immer älter werdende Gesellschaft großes Potenzial. Der Prozess der Autophagie ist ein „Jungbrunnen“, er hält Zellen leistungsfähig und gesund. In welchen Bereichen könnte Spermidin in Zukunft eine Rolle spielen? Das erzählt Herbert Pock, Geschäftsführer von Longevity Labs+.
Ihr Unternehmen stellt nicht nur hochwertige Nahrungsergänzungsmittel mit Spermidin her, es will seine Produkte auch auf dem Stand des Wissens weiterentwickeln. Was tut sich derzeit in der Forschung?
Herbert Pock / Spannend ist, dass bis zur Gründung unseres Unternehmens sämtliche Forschung im präklinischen Bereich stattfand. Erst unser Produkt machte Studien am Menschen möglich. Derzeit wird extrem viel geforscht. Das Ziel ist es, die Zusammenhänge zwischen Spermidin und Autophagie zu verstehen, z. B. die Mechanismen, die dazu führen, dass Mäuse bei Spermidin-Gabe eine deutlich längere Lebenserwartung haben.
Die Humanforschung hat also mit einem Produkt aus Graz begonnen?
HP / Ja, davor wurde mit synthetischem Spermidin geforscht, das nicht für den menschlichen Gebrauch zugelassen ist. Wir stellen ein natürliches Spermidin-Extrakt aus Weizenkeimen her. Damit waren wir weltweit die Ersten. Dahinter steckt auch eine Innovation beim Qualitätsprozess. Ein Produkt für Forschungszwecke muss natürlich immer die gleiche Qualität garantieren. Unser Produkt ist zusätzlich Novel-Food-zertifiziert. Bald wollen wir es auch in Bio-Qualität anbieten.
In welchen Bereichen hat Spermidin das größte Potenzial?
HP / Forscherteams weltweit sind dabei herauszufinden, welche Krankheitsbilder mögliche Indikationen darstellen könnten. Geforscht wird in alle Richtungen: Mental Health, Gehirn und Nervensystem, Immunsystem, kardiovaskulärer Bereich. Die Uni Bonn forscht am Thema Schlaf und Depression, die Universität Oxford am Immunschutz, die Charité Berlin am Thema Demenz und Kognition. Fast monatlich erscheinen Publikationen. Die letzte, die auch viel Medienecho bekam, kam aus China: Studien haben gezeigt, dass Spermidin-Gaben die Fruchtbarkeit verlängern, zumindest bei Mäusen.
Welche Rolle spielt Spermidin in der Prävention?
HP / Ich sehe es genau da positioniert. Die Lebenserwartung steigt, nicht aber die „gesunden Jahre“. Das Schlagwort ist „Longevity“, Langlebigkeit. Die Autophagie – die übrigens am verlässlichsten durch Fasten angeregt wird – war eine bahnbrechende Entdeckung. Prävention wird in Zukunft nicht mehr auf ein bestimmtes Organ, das Herz oder die Leber, abzielen, sondern auf die elementarsten Prozesse in und zwischen den Zellen.