Wie oft kommt es vor, dass man von der Hauptroute für einen schnellen Espresso abbiegt – und plötzlich landet man in einem Kleinod von Dorf, das sofort mit seinem historischen Flair, seinem Gassengewirr, seinen prächtigen Bürgerhäusern und Palazzi und seiner Naturschönheit als Kulisse bezaubert. Keine Seltenheit in Friaul-Julisch Venetien. Zwölf solcher Schönheiten vom Land haben wir in einer Rundreise besucht.
In Fagagna nordwestlich von Udine beginnt die Reise. Der Ort liegt auf einem Hügel mit Traumausblick auf die Ebene. Die Ruinen der Burg befinden sich an einem Ort, der bereits zur Römerzeit besiedelt war. Unter den öffentlichen Gebäuden sticht das Gemeindehaus mit schöner Loggia heraus, oben auf dem Hügel findet man die Pfarrkirche Santa Maria Assunta mit einem stolzen Glockenturm. Nicht weit weg liegt die Naturoase der Quadris, nach einem Wiederansiedlungsprogramm schweben nun wieder weiße Störche durch die Lüfte.
Gleich in der Nähe thront San Daniele auf einer Anhöhe, schon von Weitem sichtbar mit seiner roten Dächerlandschaft. Hier leben die Meister eines der Schmuckstücke der italienischen Feinkost, die San-Daniele-Schinken-Produzenten. Denn nur hier, dank eines einzigartigen Mikroklimas, reift dieser besondere Schinken. San Daniele ist aber viel mehr als eine Schinkenstadt. Das blendende Weiß des Doms aus dem 18. Jahrhundert verzaubert genauso wie der Freskenzyklus in der ehemaligen Kirche Sant’Antonio Abate, der San Daniele den Beinamen „kleines Siena im Friaul“ einbrachte.
Die nächste Station Spilimbergo ist eine der schönsten und interessantesten Kunststädte Friaul-Julisch Venetiens. Charmantes Kopfsteinpflaster, alte Bürgerhäuser, Arkaden mit Steinhäusern und Holzbalkonen fesseln die Besucher. Die Altstadt hat bis heute ihren mittelalterlichen Grundriss erhalten, jedes Jahr im August wird diese glanzvolle Vergangenheit mit dem Fest Rievocazione Storica della Macia eindrucksvoll lebendig. Ein Markenzeichen von Spilimbergo ist auch die Mosaikschule, die für ihre Dekormosaike bekannt ist.
Maniago ist weltberühmt für die Herstellung von Messern und jeder Art von Schneidwerkzeugen. Den Beginn der Geschichte der Schlosser aus Maniago kann man auf 1453 datieren. Maniago wird geprägt durch seine große Piazza Italia, das pulsierende Herz der Stadt. Hier stehen die wichtigsten historischen Bauwerke: Der Dom aus dem 15. Jahrhundert in friulanischem Spätgotikstil, im Palazzo D’Attimis Maniago zeigen Fresken den Markuslöwen und sind ein Zeugnis der langen Herrschaft Venedigs. Hinter dem Palazzo steht die Ruine der alten Burg, die im 11. Jahrhundert erbaut wurde.
20 Autominuten Richtung Westen kommt man nach Polcenigo. Mittelalterliche Häuser und Paläste werden von Wäldern umringt. Die gesamte Natur, in die dieser Ort eingebettet ist, zeichnet sich durch einen ausgesprochenen Wasserreichtum aus. Neben den Quellen des Flusses Livenza sind auch die nahegelegenen Quellen des Flusses Gorgazzo mit kristallklarem türkisen Wasser, das aus einer Karsthöhle entspringt, von faszinierender Schönheit.
Sacile gilt als der Garten Venedigs. Warum, wird sofort klar, wenn man durch die westlichste Stadt der Region Friaul-Julisch Venetien wandert. Die unzähligen Wasserkanäle und kleinen Brücken gaben der Stadt an der Livenza den Spitznamen. Zahlreiche Palazzi verleihen Sacile das Flair einer typischen Renaissancestadt: Beispiele dafür sind die herrliche Loggia Comunale und vor allem der Palazzo Ragazzoni Flangini Billia. Unbedingt einen Besuch wert sind der Dom San Nicolò und die Piazza del Popolo, die von wunderschönen Arkadenbauten gesäumt ist.
Wieder zurück Richtung Osten kommt man nach Pordenone. Die gemalte Stadt: So wird Pordenone wegen ihrer vielen mit Fresken verzierten Paläste genannt, die auf dem Corso Vittorio Emanuele II. der Altstadt in den Bann ziehen. Links und rechts findet man Arkaden im venezianischen Stil vor den Häusern, die ein Flanieren bei jedem Wetter möglich machen. Die Cafés, Konditoreien und eleganten Geschäfte sind ideal für einen Spaziergang zwischen Shopping und Kunst. Naturfans zieht es zum friedlichen Fluss Noncello, nur wenige Schritte vom Zentrum.
Weiter geht es in Valvasone. Mit seinen hübschen Gassen und einigen herrschaftlichen Palästen aus dem 14. bis 17. Jahrhundert bewahrte sich der Ort sein mittelalterliches Aussehen. Die imposante Burg ist bekannt für ihre Fresken aus der Spätgotik und aus dem Rinascimento sowie ein kostbares Holztheater aus dem 18. Jahrhundert. Sehenswert sind im Dom SS.mo Corpo di Cristo die Reliquie des heiligen Tischtuchs und eine meisterhafte Orgel, das einzige Beispiel in Italien für die venezianische Orgelbauerkunst aus dem 16. Jahrhundert.
In San Vito al Tagliamento findet man gleich mehrere Schätze. Beliebtes Fotomotiv des anmutigen, eleganten Städtchens mit Mittelalterflair ist die reich mit Fresken bemalte Burg mit einem Burggraben und drei Zugangstürmen. Wunderbar anzusehen sind die Paläste und religiösen Sehenswürdigkeiten wie der Dom – eine wahre Kunstgalerie mit zahlreichen Gemälden und Fresken. Weiterer Höhepunkt: die Kirche Santa Maria dei Battuti, ein Juwel der friulanischen Renaissance mit herrlichen Fresken von Pomponio Amalteo.
Auf eine lange Geschichte blickt Sesto al Reghena zurück mit Wurzeln bis in die vorrömische Zeit. Die größte Entwicklung machte der Ort mit der Gründung der Benediktinerabtei in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts. In der Basilika befinden sich zahlreiche Fresken aus der Schule Giottos und die Urne der heiligen Anastasia. Auf dem Platz vor der Abtei kann man den Gemeindepalast bewundern, den Glockenturm und den Torre Grimani mit schönen Malereien und dem Markus-Löwen, der letzte von ursprünglich sieben Türmen.
Meerluft schnuppert man im ehemaligen Fischerort Marano Lagunare. Fast 400 Jahre gehörte er zur Republik Venedig – eine Vergangenheit, die teilweise heute noch spürbar ist. Der Baustil der alten Häuser, der Dialekt und die typischen Meeresspezialitäten erinnern an diese Zeit. Die Altstadt wimmelt von Gassen und kleinen Plätzen, die Gebäude sind mit Bassreliefs, Steingesichtern und Wappen geschmückt, die von der langen Geschichte zeugen. Marano ist auch ein idealer Ausgangspunkt, um die Lagune zu erkunden: eine Landschaft von außerordentlicher Schönheit.
Der Schlusspunkt der Reise ist Palmanova. Am 7. Oktober 1593 wurde der Grundstein der Festung gelegt. Dank ihrer perfekten neunzackigen Sternanlage, der imposanten Stadttore und der drei Festungsringe aus dem 16., 17. und 19. Jahrhundert ist Palmanova das Modell einer Idealstadt der Renaissance und ein gutes Beispiel für hervorragende Militärbauten. Beeindruckend ist die zentrale Piazza Grande, früher ein Exerzierplatz, heute mit seinen Cafés und Geschäften ein beliebter Treffpunkt. Viele Stunden kann man hier verbringen. Und das ist wohl der Reiz an allen zwölf Orten: Dolce Vita in Reinkultur.