Ein Spalt­pro­dukt, das alle mögen!

Das Verfahren klingt einfach: Man nimmt ein Methanmolekül und zerlegt es durch Methanpyrolyse in Wasserstoff und Kohlenstoff. Doch hinter dieser Methode steckt großes Potenzial, denn sie könnte die Wasserstoffproduktion revolutionieren.

Durch die Nutzung dieser Tech­no­lo­gie mit Strom aus erneu­er­ba­ren Quellen könnte Was­ser­stoff bald in großem Maßstab kli­ma­freund­lich pro­du­ziert werden – und fossile Ener­gie­trä­ger in Industrie, Transport und Ener­gie­er­zeu­gung ersetzen. Mitte Oktober eröffnete die Mon­tan­uni­ver­si­tät Leoben ein neues For­schungs­zen­trum, das diesen Prozess auf indus­tri­el­le Standards heben soll, um Was­ser­stoff als sauberen Ener­gie­trä­ger der Zukunft zu eta­blie­ren.

Was­ser­stoff: Ein Schlüs­sel­ele­ment der Ener­gie­wen­de

Der Bedarf an umwelt­freund­lich erzeugtem Was­ser­stoff wächst stetig, da er eine zentrale Rolle bei der Dekar­bo­ni­sie­rung ver­schie­de­ner Indus­trien und des Trans­port­sys­tems spielen kann. Das Potenzial dieses leichten Elements ist groß: Was­ser­stoff emittiert bei seiner Ver­bren­nung kein CO₂, sondern nur Was­ser­dampf, und könnte damit fossile Brenn­stof­fe als Ener­gie­quel­le für Strom­erzeu­gung, Schwer­last­ver­kehr, chemische Prozesse und mehr ersetzen. Der pro­gnos­ti­zier­te Bedarf an Was­ser­stoff wird in den kommenden Jahr­zehn­ten massiv ansteigen. Bis zum Jahr 2050 könnte die globale Was­ser­stoff­nach­fra­ge das Zehnfache des heutigen Bedarfs erreichen. Vor diesem Hin­ter­grund ist es ent­schei­dend, Verfahren zu finden, mit denen die nötige Was­ser­stoff­men­ge effizient und kli­ma­scho­nend her­ge­stellt werden kann.

Aktuelle Her­stell­me­tho­den: Stärken und Schwächen

Zurzeit gibt es vier eta­blier­te Verfahren zur Was­ser­stoff­her­stel­lung, die jeweils spe­zi­fi­sche Vor- und Nachteile aufweisen. Ein Überblick zeigt die Viel­schich­tig­keit dieser Pro­duk­ti­ons­tech­no­lo­gien:

Dampf­re­for­mie­rung

Die Dampf­re­for­mie­rung ist gegen­wär­tig die am häu­figs­ten genutzte Methode zur Was­ser­stoff­er­zeu­gung. Sie basiert auf der bestehen­den Infra­struk­tur, erzeugt jedoch riesige Mengen an CO₂ als Neben­pro­dukt, das gespei­chert und wei­ter­ver­ar­bei­tet werden muss. Daher gilt sie zwar als kos­ten­güns­tig, ist aber aus öko­lo­gi­scher Sicht pro­ble­ma­tisch.

Was­ser­elek­tro­ly­se

Bei der Was­ser­elek­tro­ly­se wird Wasser in Sau­er­stoff
und Was­ser­stoff gespalten. Diese Methode ist nahezu CO₂-frei, benötigt jedoch große Mengen an Strom und ist daher ver­gleichs­wei­se teuer. In jüngster Zeit wird versucht, Elek­tro­ly­se mit über­schüs­si­ger Energie aus Windkraft- und Solar­an­la­gen zu betreiben, um den
CO₂-Fuß­ab­druck zu ver­rin­gern.

Bio­mas­se­nut­zung

Was­ser­stoff kann auch aus Biomasse gewonnen werden. Diese Methode könnte theo­re­tisch ein CO₂-neutrales Verfahren dar­stel­len, da die Pflanzen während ihres Wachstums CO₂ absor­bie­ren. Aller­dings ist fraglich, ob die not­wen­di­ge Menge an Biomasse zur Deckung des zukünf­ti­gen Was­ser­stoff­be­darfs nach­hal­tig bereit­ge­stellt werden kann. Jedoch ist der Gehalt an Was­ser­stoff sehr gering — etwa nur 1/10.

Methan­py­ro­ly­se

Hier zeigt sich ein viel­ver­spre­chen­der Ansatz: Bei der Pyrolyse von Methan entstehen Was­ser­stoff und fester Koh­len­stoff – nahezu ohne CO₂-Emis­sio­nen, wenn der Prozess mit Strom aus erneu­er­ba­ren Energien betrieben wird. Diese Methode ist besonders effizient, da bei gleichem Ener­gie­auf­wand etwa fünfmal mehr Was­ser­stoff erzeugt wird als bei der Was­ser­elek­tro­ly­se. Zudem bleibt der Koh­len­stoff in fester Form zurück, anstatt als CO₂ in die Atmo­sphä­re zu ent­wei­chen, was den öko­lo­gi­schen Vorteil dieser Tech­no­lo­gie unter­streicht.

Methan­py­ro­ly­se: Effizienz und Nach­hal­tig­keit in der Was­ser­stoff­pro­duk­ti­on

Die Methan­py­ro­ly­se bietet gegenüber der Was­ser­elek­tro­ly­se den ent­schei­den­den Vorteil, dass sie mit dem gleichen Ener­gie­ein­satz bis zu fünfmal mehr Was­ser­stoff pro­du­ziert. In diesem Prozess wird Methan, das idea­ler­wei­se aus Erd­gas­quel­len stammt, bei hohen Tem­pe­ra­tu­ren auf­ge­spal­ten, wobei Was­ser­stoff und fester Koh­len­stoff entstehen. Letzterer ist kei­nes­wegs ein Abfall­pro­dukt, sondern kann in ver­schie­de­nen Indus­trie­zwei­gen wei­ter­ver­wer­tet werden. Das neue For­schungs­zen­trum in Leoben widmet sich der Aufgabe, diese Tech­no­lo­gie auf indus­tri­el­lem Niveau ein­zu­set­zen und ihre Effizienz zu maxi­mie­ren.

Das Zentrum ent­wi­ckelt Stra­te­gien zur groß­tech­ni­schen Anwendung der Methan­py­ro­ly­se, um so die Effizienz und Ska­lier­bar­keit dieses Ver­fah­rens zu ver­bes­sern. Neben der Erzeugung von Was­ser­stoff wird dabei auch der gewonnene Koh­len­stoff in den Fokus genommen. Koh­len­stoff in fester Form bietet Potenzial in zahl­rei­chen Anwen­dun­gen, die von Hoch­leis­tungs­ma­te­ria­li­en wie Super­kon­den­sa­to­ren und Nano­struk­tu­ren bis hin zu Bau­stof­fen und Boden­ver­bes­se­rern in der Land­wirt­schaft reichen. Gerade als Boden­ver­bes­se­rer oder Bau­stoff­zu­satz könnte Koh­len­stoff aus der Methan­py­ro­ly­se eine breite Anwendung finden und zusätz­li­che öko­lo­gi­sche Vorteile schaffen.

Eröffnung des For­schungs­zen­trum für Was­ser­stoff und Koh­len­stoff

Mitte Oktober 2024 wurde das „For­schungs­zen­trum für Was­ser­stoff und Koh­len­stoff“ an der Mon­tan­uni­ver­si­tät Leoben offiziell eröffnet. Hierbei kamen führende Vertreter aus Politik, Wirt­schaft und Wis­sen­schaft zusammen, um einen Eindruck von den geplanten For­schungs­ar­bei­ten zu erhalten. Das Zentrum hat das Ziel, die Methan­py­ro­ly­se als effi­zi­en­te Methode zur CO₂-armen Was­ser­stoff­pro­duk­ti­on wei­ter­zu­ent­wi­ckeln und sie auf indus­tri­el­le Maßstäbe zu bringen.

Rektor Peter Moser hob bei der Eröff­nungs­fei­er hervor, dass das For­schungs­zen­trum einen ent­schei­den­den Beitrag zur Ener­gie­wen­de leisten werde, indem es die Indus­tria­li­sie­rung nach­hal­ti­ger Was­ser­stoff­tech­no­lo­gien vor­an­treibt. „Ohne grüne Energie gibt es keine kli­ma­neu­tra­le Zukunft“, betonte Umwelt­mi­nis­te­rin Leonore Gewessler in ­ihrer Rede. Sie betonte die Rolle der Wis­sen­schaft in der Ent­wick­lung von Lösungen, die eine kli­ma­scho­nen­de Zukunft ermög­li­chen. Bun­des­mi­nis­ter Martin Polaschek fügte hinzu, dass die Zusam­men­ar­beit zwischen Wis­sen­schaft und Industrie im For­schungs­zen­trum ein Modell­pro­jekt sei und von großer Bedeutung für Öster­reichs Inno­va­tions- und Wett­be­werbs­fä­hig­keit im inter­na­tio­na­len Kontext.

Die Ein­rich­tung gilt als Vor­zei­ge­pro­jekt und soll Öster­reich als Teil des euro­päi­schen „Was­ser­stoff-Valleys“ für indus­tri­el­le Anwen­dun­gen eta­blie­ren. Diese Was­ser­stoff-Valleys sind euro­pa­weit vernetzte Inno­va­ti­ons­räu­me, in denen Lösungen für die indus­tri­el­le Was­ser­stoff­nut­zung ent­wi­ckelt und getestet werden. Für die Stei­er­mark, wo das Zentrum ange­sie­delt ist, bedeutet dies eine stra­te­gi­sche Inves­ti­ti­on in die Zukunft und in die Rolle der Region als bedeu­ten­des Zentrum für nach­hal­ti­ge Energie.

 

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