Die sogenannte „Live AI“ ist das Gegenstück zur massiven künstlichen Intelligenz, erzählt der wissenschaftliche Leiter des COMET-Kompetenzzentrums Pro²Future, Alois Ferscha. „Massive KI ist typischerweise vortrainiert, sie enthält Terabytes von Daten, die Crawler aus dem Internet geschürft haben. Darum benötigt sie auch eine ungeheure Rechenkapazität. Und das ist eine Schwachstelle, vor allem im industriellen Bereich.“
Ferschas Ansatz ist eine KI, die nach und nach lernt, so wie es organische Lebensformen tun. „Wir gehen ja auch nicht hin und stopfen einem Zweijährigen 200.000 Wörter ins Gehirn. Menschen erwerben einen großen Wortschatz in vielen Jahren, sie lernen, während sie etwas erleben“, zieht der Wissenschafter den Vergleich. Dieser Zugang biete einige Vorteile: „Die Daten müssen nicht in riesigen Serverfarmen gespeichert werden, weil die KI nach und nach lernt. Außerdem können wir gezielt die Lerneffekte verstärken, die wir haben wollen.“ Die Klein-KI arbeite eher wie ein neuronales Netz.
„Sie muss nicht die Komplexität exponentiell erhöhen, wenn die Qualität linear steigen soll, wie das bei massiver KI der Fall ist.“ Dadurch lasse sich auch die ökologische Auswirkung der KI verbessern. Weil eine massive KI sehr viel Energie verbrauche, emittiere sie auch viel CO2. Mit der Messung dieses CO2-Impacts beschäftigt sich auch ein Teil des Forschungsprogramms „Live AI“ von Pro²Future.
Erklärtes Ziel von Ferscha ist es, dass die Klein-KI direkt auf den Geräten läuft, die sie steuert. „Sie soll in Maschinen, Robotern und Anlagen installiert sein. Darum verwenden wir keine Cloud, keine Serverfarmen, die KI ist nicht einmal mit dem Internet verbunden.“
Insgesamt wolle man die KI nicht zentral haben, sondern verteilt. „Treffen dann verschiedene der Live AIs aufeinander, ergibt sich eine kollektive KI“. Bei Pro²Future kann man bereits viele Einzelbeispiele vorweisen, bei denen die Klein-KI funktioniert. Das können Werkzeuge ebenso sein wie mit Sensoren ausgestattete Kleidung oder Schuhe.
Das Forschungsprojekt Live AI ist vorerst auf vier Jahre ausgelegt. „Wir beschäftigen uns aber schon doppelt so lange mit der Thematik“, sagt Ferscha. Mit an Bord sind natürlich auch Partner aus Wissenschaft und Industrie.