Zwischen Forschung und Hoffnung

Im Rahmen des europaweiten Projekts „­Piezo4Spine“ wird eine revolutionäre Therapie gegen Rückenmarksverletzungen entwickelt.

Das Herzstück: ein implantierbares 3D-Theramesh, das mithilfe bioaktiver Nanocarrier und elektrischer Stimulation therapeutische Wirkstoffe direkt an die Verletzungsstelle transportiert. Ziel ist es, die neuronale Regeneration zu aktivieren – ein Hoffnungsschimmer für Millionen Betroffene. Sollte sich die Technologie bewähren, könnte sie eines Tages auch bei Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson Anwendung finden. Noch ist das Projekt auf halbem Weg, doch die bisherigen Ergebnisse geben Anlass zur Zuversicht.

Das Projekt „Piezo4Spine“ arbeitet mit zwei bislang wenig erforschten Ansätzen: den Piezo-Mechanorezeptoren und der Rolle von Fibroblasten bei der Narbenbildung. Mit den gewonnenen Erkenntnissen wollen die Forschenden die neuronale Regeneration gezielt fördern und damit die Heilungschancen verbessern.

Piezo-Rezeptoren sind Proteinkanäle in der Zellmembran, die mechanische Reize in zelluläre Signale umwandeln. Wird eine Nervenzelle jedoch beschädigt, passiert etwas Seltsames: Die Piezos sind übermäßig aktiv, wodurch die Regeneration des durchtrennten Fortsatzes (Axon) der Nervenzelle verhindert wird. Die Nervenzelle kann keine Impulse mehr weiterleiten, wie es beispielsweise bei einer Rückenmarksverletzung der Fall ist. Zusätzlich erschweren Fibroblasten die Regeneration. Sie bilden eine sogenannte fibrotische Matrix im Verletzungsbereich, die eine physikalische Barriere bildet und das Wachstum geschädigter Axone weiter hemmt. Dieser Prozess wird als inhibitorische Narbenbildung bezeichnet.

Um diese beiden Prozesse gezielt zu regulieren, entwickelt Piezo4Spine eine hochmoderne Technologie. Dabei wird ein 3D-gedrucktes, implantierbares „Gewebe“, das Theramesh, mit zwei Arten von therapeutischen Nanopartikeln beladen. Eine Art zielt darauf ab, die übermäßige Aktivität der Piezos zu kontrollieren; die andere, die Fibroblasten so zu modifizieren, dass das Narbengewebe reduziert wird.

Die Wirksamkeit der Therapie wird aktuell in präklinischen Studien untersucht. Diese beinhalten Tests an Tiermodellen, um sowohl die Effektivität als auch die Sicherheit der Technologie zu bewerten, bevor sie in klinischen Phasen mit Patienten erprobt werden kann. Projektkoordinatorin Conchi Serrano vom Institut für Materialwissenschaft in Madrid (CSIC) berichtet, dass wichtige Meilensteine bereits erreicht wurden: Die Nanopartikel zeigen die gewünschten therapeutischen Effekte in Säugetierzellen und wurden auch bereits erfolgreich in 3D-gedruckte Hydrogele integriert. Das Theramesh ist somit bereit für die Implantation in das Rückenmark von Ratten.

Das Projekt wird von sieben Partnern aus sechs europäischen Ländern getragen, darunter das Austrian Centre of Industrial Biotechnology, das die Wissenschaftskommunikation umsetzt. Gefördert durch das Pathfinder-Programm der EU, befindet sich Piezo4Spine zur Halbzeit in einer entscheidenden Phase. Die bisherigen Ergebnisse sind vielversprechend und lassen darauf hoffen, dass die Technologie im Tiermodell erfolgreich sein wird – ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur neuen Therapie.

Kontakt: Dr. Katharina Schwaiger
Wissenschaftskommunikation, acib GmbH,
katharinaschwaiger@acib.at

www.piezo4spine.at

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